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Beitrag: Blog2_Post

Über die Angst

Angst hat viele Gesichter. Sie kann laut sein. Tosend, brausend und dröhnend. Schrill. Gnadenlos. Und erbarmungslos.


Und leise. Lautlos schleicht sie dich an und fällt dir wie ein Raubtier auf samtenen Pfoten in den Nacken. In den Kopf, ins Herz, in die Beine, die Arme, die Finger, ja sogar bis in die Fingerspitzen.


Es gibt sie in verschiedenen Varianten. Da ist die Furcht, die Panik, die Nervosität, die dauernde Anspannung, das Erschrecken, das blanke Entsetzen.


Sie kann lähmen, dich erstarren lassen, dich vollkommen ausser Gefecht setzen. Leere. Stille. Du hörst das Aussen nicht mehr. Du hörst nur noch das Getöse in deinem Innern. Gedankenkarussell in deinem Kopf.

Leise und laute Worte. Sie wiederholen sich. Sie sind da. Bei Tag und bei Nacht.


Manchmal wirft sie sich auf dich wie ein wildes Tier, lässt dein Herz so laut pochen, dass du das Klopfen im ganzen Körper spürst, lässt es rasen. Es dröhnt in den Ohren, der Körper kribbelt, bis zur Erschöpfung, bis zur Taubheit. Die Ohnmacht naht.


Ohnmacht, ihr ausgeliefert, hilflos und bewegungsunfähig verharrst du in deinem Körper. Wartest, hoffst und kämpfst. Ein aussichtsloser Kampf, den du nie gewinnen wirst.

Denn nur in der Akzeptanz ruht sie, die Angst.


Der kalte Schweiss tritt dir aus den Poren, kreidebleich bist du, du zitterst und hörst dein Herz in den Ohren klopfen. Und es hört nicht auf. Das Aussen verschwimmt im Nichts, ist weit weg, tausend Ameisen kribbeln und krabbeln dir über deine Haut, Übelkeit, Schmerzen in der Brust, muss ich sterben? Ist meine Zeit nun abgelaufen? Muss ich jetzt gehen?


Wieder Teil der Welt sein, wie schön wäre das. Aber ich sitze hier drin, eingesperrt, gefangen in meinem Selbst. Gucke hinaus, möchte hinaus und kann nicht. Keinen Schritt.

Ich drehe, drehe, drehe mich, immerzu im Kreis.


Angst kann auch ein stiller und hartnäckiger Begleiter sein, blitzt manchmal auf, lodert kurz, flackert ein wenig, glüht lange vor sich hin.

Ein Begleiter auf ewig? Vielleicht.


Ich will raus, hämmere gegen Fenster und Türen, doch keiner hört mich. Niemand sieht mich. Ich schreie lautlos, ich schreie laut, aber keiner dreht sich um.

Die anderen sind draussen und ich bin drinnen. Eingekesselt und umzingelt.


Angst treibt an, ruhelos , rastlos, wie ein gejagtes Tier hetzt du durch die Tage. Sie lässt dich fliehen. Fort, immer weiter, nur noch fort. Aber es gibt kein Entkommen, kein Entrinnen. Sie ist da, immer da, wohin du auch gehst.


Atmen. Zur Ruhe kommen. Die einzige Sehnsucht, der einzige Wunsch.


Angst frisst Kraft, braucht Zeit, braucht Geduld und Akzeptanz.


Du lebst weiter, du atmest noch, du weinst noch, du liebst noch. Und ganz langsam, Schritt für Schritt lachst du wieder, bist wieder leicht und frei, und du weisst, du bist stark, stärker als die Angst, stärker als der Sturm, stark genug, um ihm zu trotzen, und bereit, ihm jederzeit erneut entgegenzutreten.


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