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Beitrag: Blog2_Post

Urlaub im Südtirol, Teil 2


3.

Gestern Nacht wurden über uns wieder Möbel verschoben. Da ich nach dem anstrengenden Abendessen vollkommen entnervt war, schlenderte ich nach einer Stunde Krach im Pyjama einen Stock in die Höhe und beschwerte mich.

Danach war Ruhe.

Da wir unseren Ausritt heute erst um 10.30 hatten, schliefen wir etwas länger. Guten Mutes begab ich mich um 9.30 in den Speisesaal. Zwei Stunden später als üblich. Da Mati, Max, Björn, Lars und all ihre Elternteile üblicherweise bereits um 7.30 unten Schlange stehen, freute ich mich auf ein ruhiges Frühstück. Aber weit gefehlt.

Als ich eintrat, sassen Björn, anscheinend Börni genannt, und Lars brüllend am Tisch und gaben alles!


Ich beschloss, Brötchen und Kaffee zu besorgen und mich zu entfernen. Leider dauert so etwas hier manchmal länger. Die Bedienung hatte Schweissperlen auf der Stirn und wirkte blass und fiebrig. Mit kratziger Stimme fragte sie nach meinen Wünschen. Ich wunderte mich schon wieder. Sollte man nicht eigentlich das Bett hüten, wenn man krank ist? Aber ach was, das ist ja jetzt auch egal.

Börnis Geschrei war unerträglich und ich bereits schweissgebadet, als ich endlich meinen Kaffee in Empfang nahm.

Da verliess die Familie Gott sei Dank den Speisesaal.


Ich atmete auf und setzte mich. Gerade wollte ich mein Brötchen anbeissen, da trudelten Max und Mati mit Mama und Papa ein.

Der Vater sieht übrigens aus wie Philip Seymour Hoffman.

Und schon ging es los mit der Fröhlichkeit. Ich frage mich ja immer wieder, wie man morgens eigentlich schon so gut gelaunt sein kann. Vor dem ersten Kaffee muss mich jedenfalls keiner ansprechen.

Aber gut, ich ertrug stoisch Papas Gejubel über das fantastische Buffet und würgte möglichst rasch mein Brötchen herunter.

Trotzdem kriegte ich noch mit, dass der Gute von seiner Gemahlin angewiesen wurde, er möge doch bitte ein Kännchen Milch besorgen.

Dies war keine leichte Aufgabe für den armen Mann. Drei Mal kehrte er zum Tisch zurück und bat seine Liebste um Hilfe. Schliesslich befahl sie ihm mit Eiseskälte in der Stimme, sich ans Buffet zu stellen, zu warten, nach Milch zu fragen und sich dann umgehend wieder an den Tisch zu begeben. Ich muss sagen, ich empfand tatsächlich kurz Mitleid mit dem Mann.


Als ich endlich auf dem Pferd sass, war ich einfach nur dankbar, meine Ruhe zu haben. Ich genoss die Natur, das Schnauben der Pferde und die wunderbare Bergluft.


Des Abends jedoch trifft man sich halt erneut in diesem vermaledeiten Speisesaal. Ich bestellte frühzeitig mein Gurkenwasser und stellte mit Schrecken fest, dass die beiden Familien sich in der Zwischenzeit offenbar angefreundet hatten. Nun waren nicht mehr nur die Kinder laut, nein, auch die Eltern riefen sich über die Tische hinweg allerlei frohe Botschaften zu.

Frau B. und ich bestellten ratzfatz die nächsten Drinks. Wir verstehen uns unterdessen auch ohne Worte. Da reicht ein Blick.


Nun, während Max mit lautem Knallen vom Tisch zu sprang, fackelte Lars kurzerhand die Speisekarte ab. Der Papa fand das lustig und die Mama bemerkte gerührt, dass ihre Kinder ihnen doch immer wieder ihre Grenzen aufzeigen.

Ich muss sagen, mir wäre es lieber, wenn sie als Eltern ihren Kindern mal ein paar Grenzen verordnen würden.


Frau B. jedenfalls war irgendwann so betrunken, dass sie ihre Drinks auf unsere Zimmernummer bestellte und Inuits (darf man das noch sagen?) mit Pinguinen verwechselte.


Leider reist Familie B. am Freitagmorgen ab. Keine Ahnung, wie ich bis Samstag ohne sie auskommen werde. Wahrscheinlich mit noch viel mehr Gurkenwasser!


Sollte im Hotspot Zürich noch jemand am Leben sein, freue ich mich jedenfalls auf unsere Rückkehr!


Gute Nacht und auf bald!


4.

Gestern haben wir die Bekanntschaft von Paul gemacht. Paul dürfte etwa 3 oder 4 Jahre alt sein. Er ist mit seiner Schwester und seiner Mama im Urlaub. Paul hat ein gesundes Selbstvertrauen und tut, was ihm beliebt.

Zeitgleich mit Paul ist auch ein alleinstehender Vater mit seiner kleinen Tochter Delia hier angereist.

Da Frau B. und mir natürlich nichts entgeht, haben wir schnell gemerkt, dass sich zwischen den beiden Alleinerziehenden etwas anzubahnen scheint. Gut, ob die beiden wirklich alleinerziehend sind, wissen wir selbstverständlich nicht.

Jedenfalls hat gestern einer von uns den Paul angesprochen und ihn dabei wohl kleiner Mann genannt. Daraufhin meinte der: ich heisse Paul, mann!

Jetzt ist er unser Paulmann.


Als wir dann spät abends auf der Terrasse unsere Drinks in uns reinschütteten, war Paulmann ebenfalls anwesend und machte dermassen viel Krach, dass die Bedienung die Terrasse betrat und um Ruhe bat. Hat nicht gefruchtet. Da sprach ich ihn an, und fragte, ob er denn alleine hier unten sei. Seine Antwort: nö, meine Eltern sitzen in der Bar. Ich: ach, das sind deine Eltern? Paul: also der Papa ist falsch.


5.

Wir sind zurück. Ich habe die zwei Wochen überlebt. Ich weiss nicht, wann ich das letzte Mal so viel getrunken habe, aber es hat geholfen.


An unserem letzten Abend habe ich das erste Gurkenwasser schon vor dem Abendessen zu mir genommen. Auf nüchternen Magen. Danach war ich so herrlich neben der Spur, dass ich sogar den Paul recht unbeeinträchtigt überstand. Er leistete mir nämlich ständig Gesellschaft, wenn ich auf der Terrasse die Luft verpestete. Allerdings trieb er meine ebenfalls anwesende Tochter in den Wahnsinn.


So nebenbei erfuhr ich ausserdem, dass die Eltern von Max und Mati Marcel und Manuela heissen. Finde ich fantastisch. Im nächsten Leben suche ich mir einen Ralf und taufe meine Kinder Raffael und Rasputin.


Ich packte dann auch ziemlich wirr unsere Koffer und fiel ins Koma.


Am nächsten Morgen war ich um 7.30 sage und schreibe die Allererste im Speisesaal. Das habe ich noch nie geschafft. Aber wenn es ums Reiten geht, kriege ich das hin.

Und ich schaffte es tatsächlich ohne weitere Zwischenfälle zurück ins Zimmer.


Nebel. Dichter Nebel überall. Das letzte Mal auf Renates Rücken unterwegs. Und plötzlich brach die Sonne in hellen Strahlen durch die Bäume. Ein einmaliger Anblick.

Da überfiel mich schlagartig doch die Traurigkeit. Mit Tränen in den Augen übergab ich mein Pferd und ging den Weg zurück ins Hotel, um den Rest der Rechnung zu begleichen.


An der Reception sass, mich traf fast der Schlag, Marcel!

Er kontrollierte am Computer minutiös seine Rechnung.

Ich trank einen letzten Kaffee und wartete, bis er das Weite suchte.


Ein paar nette Worte noch mit der Chefin, dann sammelten wir unsere bereits tränenüberströmte Tochter ein und los ging die Reise.

Tatsächlich schafften wir es ohne Stau in kürzester Zeit zurück in die Schweiz. Auf dem Rücksitz ein Tränenmeer.


Kontrolliert hat uns, wie bereits auf der Hinreise kein Mensch!


Ankunft in Winterthur: Vor dem Haus sass, wie könnte es anders sein, der senfgelbe Vater. Er begrüsste mich zu meinem Missfallen mit den Worten: knütschbruun, hä?

Ich liess ein paar Floskeln fallen und flüchtete eilig in unsere Wohnung.


Tja, und wer weiss, vielleicht landen wir nächstes Jahr tatsächlich doch wieder in den Dolomiten. Sollten wir uns von unserer Tochter breitschlagen lassen, werde ich im nächsten Sommer weitere Kurzgeschichten verfassen!

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